Sozialer Rückzug kann eine Folge von Depressionen, Burn-out oder anderen psychischen Erkrankungen sein. Doch wie erkennst du, ob du dich nur mal eben von der Außenwelt zurückziehst, um aufzutanken und Energie zu laden, oder ob du wirklich dabei bist, in die soziale Isolation abzudriften? Wir verraten es dir und geben auch ein paar Tipps, was du dagegen tun kannst!
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Sozialer Rückzug — was ist das überhaupt?
Manchmal wird uns alles zu viel. Wir möchten niemanden mehr sehen und uns vor der Außenwelt verschließen. Ist das schlimm? Nein, überhaupt nicht. Es kann sogar enorm wichtig sein, sich ab und an eine Auszeit zu gönnen und zu regenerieren. In unserem meist hektischen Alltag ist es wichtig, auch mal für sich zu sein und alles auszusperren, was uns stresst. Doch sozialer Rückzug kann auch eine schwerwiegende Folge von psychischen Erkrankungen sein. Und dann sollte man das nicht einfach abtun, sondern in dem Falle ist es wichtig, die Ursachen für das Rückzugsverhalten anzugehen.
Deshalb wollen wir ganz sauber trennen zwischen
- sozialem Rückzug als Teil deiner Selbstfürsorge, wenn du also ab und an mal auf die “Pausetaste” drückst, dich verkriechst und dann nach einer gewissen Zeit auch wieder auftauchst oder aber
- sozialem Rückzug über einen langen Zeitraum, bei dem du nicht wieder ins aktive und interaktive Leben zurückfinden magst oder kannst.
Sozialer Rückzug im medizinisch-psychologischen Kontext
Schauen wir also genauer hin und befragen den Pschyrembel. Dieses medizinische Nachschlagewerk hat zwar in der Tat einen ziemlich merkwürdigen Namen (Schuld daran ist sein erster Herausgeber, der Berliner Arzt und Uni-Professor Willibald Pschyrembel), ist aber so etwas wie “die Bibel”, wenn es um medizinische oder psychologische Fachwörter und Erklärungen geht. Was sagt also der Pschyrembel zum Phänomen des sozialen Rückzugs? Eine Menge! Wir haben es daher mal ein bisschen komprimiert und für dich zusammengefasst: Man unterscheidet zwischen plötzlichem sozialen Rückzug und schleichendem sozialen Rückzug.
Tritt das Verhaltensmuster plötzlich auf, ist es meist
- eine ganz bewusste Handlung zur Neubesinnung,
- eine Reaktion auf ein aufwühlendes Ereignis wie z.B. eine tödliche Krankheit oder der Tod einer nahestehenden Person,
- ein psychopathologisches Symptom bei einer Depression, einem Burn-out, einem präsuizidalen Syndrom o.ä. oder aber
- eine extreme Abkehr von allem, was in der Außenwelt passiert.
Tritt das Verhaltensmuster schleichend auf, ist es eher
- eine Reaktion auf eine belastende Phase, die länger andauert, bei der man sich lange Zeit nicht verstanden fühlt von anderen oder aber die Außenwelt selbst nicht mehr verstehen kann (z.B. bei Alzheimer) oder aber
- eine direkte Folge einer Krankheit wie z.B. einer vaskulären Demenz oder einer Schizophrenie.
Sozialer Rückzug als Folge von Stress, Depression oder Burn-out — wie erkennst du es?
Da wir alle oft von Alltagsstress geplagt sind, wollen wir jetzt näher auf diese Form des sozialen Rückzugs eingehen. Mitunter merken wir gar nicht, dass wir in eine solche Phase hineingleiten und es kann helfen, frühzeitig zu erkennen, was da gerade passiert.
Wenn du also merkst, dass
- du mehr und mehr die Begegnung mit anderen Menschen, selbst aus dem Freundes- oder Familienkreis, meidest,
- du deine Wohnung nicht mehr gerne verlässt,
- du dich immer schwerer aufraffen kannst, Verabredungen zu treffen oder einzuhalten,
- dir Gespräche mit deinen Freunden oder deiner Familie zusehends mehr Energie rauben und du sie deshalb meidest,
- du dich immer schneller überfordert fühlst und dich distanzieren möchtest von allem, was dich umgibt,
- dich immer mehr Zweifel packen, ob du dich in sozialen Interaktionen angemessen verhältst, du denkst, dass du alles falsch machst und du dich deshalb lieber gar nicht in die Öffentlichkeit mehr wagst,
dann hast du wahrscheinlich die Schwelle zum schädlichen sozialen Rückzug übertreten und bist nicht mehr im Selbstfürsorge-Modus.
Sozialer Rückzug ist eine Folge, nicht die Ursache
Wir möchten hier noch einmal betonen, dass Menschen, die sich mehr und mehr von ihrer Außenwelt zurückziehen, dies aus irgendeinem Grund tun. Es ist also wichtig, die Ursache zu finden. Wenn du bspw. nicht mehr gerne das Haus verlässt, weil du in der Öffentlichkeit Panikattacken bekommst, gibt es Gründe für diese Attacken. Aber der Ausweg ist nicht, diese Situationen gänzlich zu meiden, sondern zu ergründen, wo die Ursache liegt und dieses Trauma aufzulösen. Oder wenn du niemanden mehr sehen möchtest, weil dir alles zu stressig wird, dann hilft es am ehesten, zu schauen, wie du anders mit Stress umgehen kannst.
Was kannst du gegen das Zurückziehen tun?
In der Regel ist es wichtig, bei anhaltenden depressiven Phasen und psychischen Erkrankungen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Damit die Ursache gefunden und bearbeitet werden kann. Begleitend dazu kannst du natürlich auch selbst versuchen, wieder ins Leben bzw. in soziale Beziehungen und deine Außenwelt zu finden. Was dir dabei helfen kann, sind folgende Aspekte:
- Überleg doch mal, mit wem du früher — bevor du dich zurückgezogen hast — gerne zusammen warst oder was du gerne gemacht hast. Bestimmt gibt es da jemanden, der dir gut getan hat und mit dem du gerne gesprochen hast. Ein Hobby kann dir ebenfalls helfen, wieder aktiver zu werden.
- Vielleicht bist du Mitglied in einem Verein und kannst dich dort Stück für Stück mehr engagieren. Der Vorteil: Ehrenamtliches Engagement ist immer gefragt, alle werden dankbar sein, wenn du helfen möchtest und du allein bestimmst, wie viel du dir zumuten willst.
- In der Verhaltenstherapie wird meist mit konkreten Übungen gearbeitet. Und auch in diesem Artikel sprechen wir von Verhaltensmustern bzw. davon, wie du diese aufbrechen kannst. Also versuch möglichst konkret zu sein.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Was ist wohl erfolgsversprechender? Wenn du dir sagst: Nächste Woche gehe ich irgendwann mal nachmittags ein bisschen spazieren. Oder wenn du dir Folgendes in deinen Timer schreibst: Am Montagnachmittag um 15 Uhr gehe ich in den Stadtpark um die Ecke.
Verbindliche Verabredungen mit dir selbst können dir helfen, diese auch einzuhalten und dies wiederum kann dir ein positives Erfolgserlebnis verschaffen 🙂 .
- Auch Gesprächs- und Therapiegruppen können dir helfen, deine Gefühle zu teilen und mit Menschen zusammenzukommen, die Ähnliches erleben wie du gerade. Verstehen und verstanden werden kann sehr hilfreich sein in so einer Phase.
- Vielleicht der wichtigste Tipp: Lass dir ruhig Zeit und geh “Babyschritte”. Du brauchst dich nicht gleich wieder ins volle actiongeladene Leben zu stürzen. Ein Spaziergang mit einem Freund, kurze regelmäßige Gespräche mit der Nachbarin — das reicht erstmal aus. Kleine Erfolgserlebnisse zu gegebener Zeit können viel heilende Kraft besitzen.
Du brauchst Unterstützung?
Sozialen Rückzug zu durchbrechen, ist nicht unbedingt leicht. Vor allem dann nicht, wenn wirklich eine länger andauernde depressive Verstimmung o.ä. die Ursache ist. Wenn du also gerade auf der Suche nach Unterstützung bist, die über ein paar hilfreiche Tipps zum Nachlesen hinausgeht, dann melde dich gerne bei mir. Als ärztlicher Psychotherapeut, Coach für Entspannungsverfahren und zertifizierter Stresstherapeut bin ich vielleicht der Richtige, um dir dabei zu helfen, ins Leben zurückzufinden.
Dein erster Schritt auf diesem Weg ist unverbindlich und komplett kostenfrei: einfach Kontakt zu mir aufnehmen. Ich erkläre dir, wie ich dich unterstützen kann.
Liebe Grüße
von Peter
Die Welt für dich nur noch vor dem Fenster ©Adobe Stock
Über den Hauptautor
Prof. Dr. med. Peter Schulte
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